Situation Lichtwald
Die verschiedenen Ausprägungen des Mittelwaldes mit der spezifischen Zusammensetzung der Vegetation sind akut vom Aussterben bedroht. Der Anteil dieser traditionellen Waldbewirtschaftungsformen an der Gesamtwaldfläche in Deutschland beträgt weniger als ein Prozent und ist auch in Thüringen nur noch an wenigen Stellen anzutreffen.
Während Mittelwälder seit dem 13. Jahrhundert als Bauernwälder für niedrigwüchsiges Brenn- und hochwüchsiges Bauholz sowie zusätzlich häufig als Waldweide vielfältig genutzt wurden, überführte man Mittelwälder im 20. Jahrhundert aufgrund veränderter Bedürfnisse größtenteils in Hochwälder. Lichtwaldarten sind mit ihren Habitatpräferenzen aber an forstbetrieblich schwer zu planende Sukzessions- oder Nutzungsdynamiken mit einem raumzeitlichen Nebeneinander lichter Übergangssituationen gebunden, die sich durch relativ arbeits- und kostenaufwändige Maßnahmen wie lokale Freistellungen oder Einzelstammentnahmen kaum imitieren lassen.
Auch die aktuell durch den Klimawandel verursachten Veränderungen in den Wäldern – wie das dürrebedingte Absterben von Bäumen im Oberstand – schaffen ohne gezieltes Management keine entsprechenden Bedingungen. Als Folge sind viele lichtliebende Käfer-, Schmetterlings-, Vogel-, aber auch Pflanzenarten der Wälder stark gefährdet und werden auf den Roten Listen und/oder den Anhängen der FFH-Richtlinie geführt. Viele der stark gefährdeten, planungsrelevanten Arten der FFH-Anhänge II und IV im Wald sind wie bereits erwähnt sogenannte „Lichtwaldarten“, d. h. Arten, die lichtreiche und strukturierte Wälder bevorzugen.
Da Lichtwaldarten lückige bzw. lichte Waldlebensräume bevorzugen, liegt die Vermutung nahe, dass die aktuell durch den Klimawandel verursachten Veränderungen in den Wäldern Lichtwaldarten nützen könnten. Die langanhaltenden Hitzeperioden in den Dürre-Sommern 2018, 2019, 2020 und 2022 sind offensichtlich Auswirkungen des Klimawandels. Sie haben auch außerhalb standortungeeigneter Nadelwälder in naturnahen Laubmischwäldern zu erheblichen Veränderungen der Waldlebensräume geführt. Innerhalb kürzester Zeit sind ganze Laubwaldbestände im Oberstand abgestorben. An vielen Standorten hat sich dadurch das bisher geschlossene Kronendach geöffnet, so dass verstärkt Sonnenlicht bis zum Waldboden vordringen kann. Von dieser Entwicklung sollten Lichtwaldarten zunächst profitieren, da dies zu einem verstärkten Lichteinfall im Bereich der Waldböden führt. Durch zusätzlichen Lichteinfall und durch Nährstoffeinträge aus der Luft kommt es aber auch zu verstärkter, nachteiliger Konkurrenz in der Krautschicht und zu für die ausgewählten Lichtwaldarten ungünstigen Veränderungen des Mikroklimas. Diesen Entwicklungen kann nur durch gezieltes Management entgegengewirkt werden.
So sind Mittelwälder neben dem Erhalt von forsthistorischem Wissen auch im Naturschutz von großer Bedeutung und eine Wiederaufnahme der Bewirtschaftung bildet eine sinnvolle Ergänzung zu den üblichen Naturschutzmaßnahmen im Wald.